Früher war alles besser ?

Sedl

Gärtner
Seit
Okt 3, 2020
Beiträge
176
Standort
einem Dorf 15 km südlich von Kiel
Noch einmal meine Erlebnisse in den Jahren gleich nach dem Krieg ! Alles, was heutzutage selbstverständlich ist, war vor ca.75 bis 80 Jahren, also 1945 bis 1950, entweder noch nicht erfunden oder man konnte es sich einfach nicht leisten !
Der Normalbürger wohnte in einem Etagenhaus zur Miete.
Unsere Mietwohnung war im 2ten Stock, ohne jeglichen Komfort. Zum Heizen war in jedem der zweieinhalb
Zimmer ein Kachel - oder Eisenofen. ( Zentralheizung hatte man noch nicht )
Der musste an jedem Morgen gereinigt werden, die Asche musste man in Blecheimer schütten, die auf dem Hinterhof standen.
Auf dem Rückweg nahm man Brennmaterial, Brikett, Koks und auch Holz wieder mit nach oben. Weil nur ein Zimmer beheizt wurde, war es in den Räumen manchmal so kalt, es bildeten sich Eisblumen am Fenster, und zwar von innen !
Ein Badezimmer hatte man nicht, gewaschen wurde sich mit kaltem Wasser in der Küche.( In der ganzen Straße waren die Wohnungen ohne Bad und Toilette )
Die Toilette war ein halbes Stockwerk tiefer im Treppenhaus, und zwar war es ein " Plumpsklo ", wo alle 14 Tage der " Goldeimer " ( auch von den anderen Mietern ) abgeholt wurde, mit einem großen Pferdekübelwagen. ( Die " Eimerleute " mussten immer wieder durchs ganze Treppenhaus !!! )
In der Wohnung war zwar schon elektrischer Strom, aber immer nur ein Stromkreis ( eine Sicherung ).
Die Zimmer hatten eine Deckenleute und eine Steckdose. Die Stromzufuhr bestand aus 2 Drähten,
einem isolierten Aluminiumdraht und einem extra verlaufenden Eisendraht als Null-Leiter.
Mehr brauchte man auch nicht, denn es gab keinen Fernseher, selten ein Radio, kein Staubsauger, Kühlschrank, Gefrierschrank, Waschmaschine, Trockner, elektr. Bügeleisen, Toaster, auch gab es ganz selten ein Telefon. Die meisten elektr. Geräte, die man heute so kennt, waren noch nicht erfunden.
Zum Bügeln musste man sich immer schwere Bügeleisen aus massivem Eisen auf der Gasflamme oder auf dem Ofen heiß machen.
Die Nahrung hielt man frisch, indem man Eiswürfel beim Schlachter kaufte und mit der Nahrung in eine Porzellanschüssel oder in ein Blechgefäß tat, so blieb alles einige Tage frisch.
Dann musste man wieder los, um neu einzukaufen. Das wurde alles zu Fuß erledigt und es konnte schon mal ein paar Stunden dauern.
Da es noch keine Waschmaschine gab, musste man ca. alle 14 Tage die Wäsche von Hand waschen.
Die Waschküche war im Keller und dort war auch ein großer gemauerter Waschbottich mit Kupferkessel,
den musste man erst anheizen.
Nach einer Stunde konnte man die Wäsche mit ein bisschen Waschpulver in den Bottich tun und mit einem großen Holzpaddel waschen. Danach wurde die Wäsche auf dem Rubbelblech weich gerubbelt und dann von Hand durch die Mangel gedreht.
Wenn man Glück hatte, konnte man bei gutem Wetter die Wäsche auf dem Hinterhof trocknen, bei schlechtem Wetter oder im Winter musste man die ganze schwere, nasse Wäsche zum Dachboden in den 5ten Stock tragen. Es dauerte fast eine Woche bis die Wäsche dann trocken war und dann musste alles wieder in den 2ten Stock !!!
Supermärkte gab es nicht, deshalb musste man von einem Geschäft zum nächsten laufen, um einzukaufen, z.B.Milch holte man in einer Aluminiumkanne täglich vom Milchladen, auch zum Schlachter, Bäcker und
auch zum Lebensmittelgeschäft.
Für frische Suppe holte man sich vom Schlachter Knochenbrühe, damit man jedenfalls ein paar "Fettaugen" auf der Suppe hatte.
Wie schon gesagt, wenn man irgendwo hin musste, ging man zu Fuß, denn die Straßen waren von den Bomben ziemlich zerstört, überall lagen die Trümmer der zerstörten Häuser und Straßenbahnen konnten deshalb nicht fahren.
Da das Geld knapp war, trug man nur gebrauchte Kleidung. Wir Jungen liefen bis zur Konfirmation fast immer nur in kurzen Hosen herum ( von der Mutter genäht, Jeans gab es noch nicht ).
Schuhe konnte man sich nicht leisten, deshalb hatten wir nur Sandalen, natürlich vom Vater selber gemacht
aus alten Autoreifen. Strümpfe hatte man nur im Winter an, auch von der Mutter selbst gestrickt.
Um sich mal richtig zu waschen und zu baden, ging man in Badehäuser, die in der Stadt verteilt waren.
Als man einige Jahre später ein altes Fahrrad besaß, fuhr man im Sommer an den Strand, um auch bei niedrigen Wassertemperaturen in der Ostsee zu baden.
Man empfand alles gar nicht so schlimm, weil man es nicht anders kannte, nur das knappe Essen, der tägliche Hunger war wirklich schlimm.
Auch wenn man Geld hatte, man bekam Nahrung nur auf Essensmarken zugeteilt und das war wirklich nicht viel! ( Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel )
Wenn man was zum Tauschen hatte, ging man zum gesetzlich verbotenen " Schwarzen Markt ", für eine goldene Uhr bekam man zum Beispiel ca. ein Pfund Butter !!!
Man riskierte natürlich, von der Polizei verhaftet zu werden. Der "Schwarze Markt " war in Kiel auf dem Platz vor dem Hauptbahnhof, dort trafen sich an jedem Tag 100te Leute, die handelten und feilschten.
Ja, es war eine schlimme Zeit und wie gut geht es uns heute !!!
 

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UweKS57

Obergärtner
Seit
Jan 16, 2023
Beiträge
759
Standort
Kassel
Ja, es war eine schlimme Zeit und wie gut geht es uns heute !!!
Ich finde es echt gut, dass du uns von dieser Zeit berichtest.
Ich hoffe, dass wir in Europa in Deutschland dies nie wieder kennenlernen.
Ich bin jünger als du, aber ich habe mich auch über ein Schulbrot mit Butter und den Schulkakao gefreut.
Ich denke, das ich mit meinen Lebenserfahrungen noch immer viel mehr Klimaschutz betreibe und gem.
Wunderwort heute "nachhaltig" lebe, wei lich noch immer alles reparieren oder selbst bauen möchte.
Aber das ist alles nicht wirklich wichtig für den Fortbestand des Lebens auf der Erde.
Ich sehe das also locker. Ich habe meine Lebensfreude und die Kinder auch und wenn die dann Puff mal weg ist, ist das den Ameisen, Bäumen oder anderen Mitlebewesen der Erde recht egal.
 

Sedl

Gärtner
Seit
Okt 3, 2020
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einem Dorf 15 km südlich von Kiel
Ich finde es echt gut, dass du uns von dieser Zeit berichtest.
Ich hoffe, dass wir in Europa in Deutschland dies nie wieder kennenlernen.
Ich bin jünger als du, aber ich habe mich auch über ein Schulbrot mit Butter und den Schulkakao gefreut.
Ich denke, das ich mit meinen Lebenserfahrungen noch immer viel mehr Klimaschutz betreibe und gem.
Wunderwort heute "nachhaltig" lebe, wei lich noch immer alles reparieren oder selbst bauen möchte.
Aber das ist alles nicht wirklich wichtig für den Fortbestand des Lebens auf der Erde.
Ich sehe das also locker. Ich habe meine Lebensfreude und die Kinder auch und wenn die dann Puff mal weg ist, ist das den Ameisen, Bäumen oder anderen Mitlebewesen der Erde recht egal.
Aus einem Song von Hans Scheibner<
Ein Englein kam zu Gott dem Herrn und rang vor Schreck nach Luft, die Erde Herr, Dein schöner Stern, hat sich gerade selbst verpufft, da lächelte Gott, ach mein Kleiner, das macht doch nichts, das merkt doch keiner !!!
 

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